Schlüsselerlebnis“ hieß das Motto der diesjährigen Stadt(ver)führungen. Für die Rennbahn sollte das zur ganz besonderen Bedeutung werden: der derzeitige Eigentümer, der Investor HI-Wohnbau aus München (vormals Immosens) hatte nämlich auf Anfrage den Schlüssel nicht herausgegeben, d.h. dem Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller e.V. keine Genehmigung erteilt, mit Besuchergruppen das Gelände zu betreten. Schade, dass er so gar kein Verständnis für Geschichts- und Kulturinteressierte zu haben scheint…
Und dennoch waren die Stadt(ver)führungen um die Rennbahn und am Reichelsdorfer Keller ein unerwarteter Erfolg. Der Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller e.V. hatte an drei Terminen Spaziergänge angeboten und über Geschichte und Geschichten rund um die Rennbahn erzählt. Obwohl über das Projektbüro der Stadt und auch über die Presse darüber ausführlich informiert worden war, daß ein Zutritt nicht möglich ist, hat das wohl viele Interessierte nicht abgeschreckt : die Anzahl der knapp 100 Besucher hat unsere Erwartungen massiv übertroffen. Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Alle wollten zumindest noch einen Blick von außen über den Zaun auf das Gelände werfen und Erinnerungen lebendig werden lassen. Gekommen waren „alte Kellerer“, die aus früheren Zeiten berichteten, aber auch Fans der Steherrennen, die über Jahrzehnte hier unter den Zuschauern waren und ebenfalls von früheren Zeiten erzählten; sie kamen nicht nur aus der näheren Umgebung und aus Nürnberg, sondern auch aus Lauf, Erlangen und Fürth. Immer wieder wurde gefragt nach den Gründen, warum denn diese einmalige Bahn, dieses denkmalgeschützte Juwel der Nürnberger Stadtgeschichte abgerissen werden soll. Für den geplanten Abriss kann niemand Verständnis aufbringen. Und beim Spaziergang vorbei an den neu erbauten Wohnblocks in der direkten Nachbarschaft (ca 90 Wohneinheiten direkt neben der S-Bahn-Station) wurde deutlich, wie das Areal der Radrennbahn in einigen Jahren aussehen könnte, wenn dort dann knapp dreimal soviele Wohnungen (ca. 240 Wohneinheiten) gebaut werden sollten. Unvorstellbar – da hatte niemand mehr Worte.
Besonders interessant war eine Begebenheit, die ein Besucher erzählte: M. Söder war öfter zu Gast auf der Rennbahn und hat wohl bei einem seiner letzten Besuche die Frage an die anwesenden Radsportfreunde gestellt, welche der drei folgenden Alternativen sie sich für die Zukunft der Rennbahn wünschen würden: 1) den Abriss der Bahn oder 2) die Sanierung oder 3) den Abriss und einen Neubau. Die Abstimmung erfolgte über Applaus und völlig zweifelsfrei zugunsten des zweiten Vorschlags, nämlich der Sanierung der Bahn. Ob M. Söder sich heute wohl noch daran erinnert? Ob seine Parteikollegen im Stadtrat davon wissen?

(Dorith Müller, 17. 09. 2023)